Wenn Sodbrennen zur Krankheit wird

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September 2018

Wenn Sodbrennen zur Krankheit wird


Wenn Sodbrennen zur Krankheit wird

Sodbrennen nach ausgiebiger Schlemmerei kennt fast jeder. Wie viel ist aber noch harmlos und ab wann wird es krankhaft und kann Folgen haben? Immer mehr Menschen leiden an der sogenannten Reflux-Krankheit:  Verdauungsstörungen, bei denen Magensaft in die Speiseröhre aufsteigt. Dr. Stefan Schmidbauer, Chefarzt der Chirurgie in der Kreisklinik Wolfratshausen, erläutert Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

 

Wann genau spricht man von der Reflux-Krankheit?

Dr. Schmidbauer: Beim sogenannten gastroösophagealen Reflux - auch GERD genannt -  fließt meist saurer Mageninhalt in die Speiseröhre zurück. Die aufsteigende Säure reizt die Speiseröhre und verursacht unter anderem Sodbrennen und Entzündungen. Man sollte diese Erkrankung nicht bagatellisieren, sie kann bei chronischem Verlauf Komplikationen nach sich ziehen, im Extremfall sogar zu Speiseröhrenkrebs führen.

 

Was sind die Ursachen?

Dr. Schmidbauer: Ein gesunder Schließmuskel am Übergang zwischen Magen und Speiseröhre sorgt normaler Weise dafür, dass aus dem Magen nichts in die Speiseröhre dringt. Funktioniert der Muskel nicht mehr richtig, kommt es zu den bekannten Beschwerden. Auslöser können der Verzehr von fetten Nahrungsmitteln, scharfe Gewürze, Genussmittel sowie gewisse Medikamente sein. Man hat auch festgestellt, dass Stress den Speiseröhrenschließmuskel beeinträchtigt und Reflux begünstigt. Übergewichtige sind häufig betroffen.

 

Bei welchen Symptomen sollte man aufhorchen und welche Untersuchungen sind dann wichtig?

Dr. Schmidbauer: Sodbrennen ist immer ein Anzeichen für eine Reflux-Krankheit. Tritt es regelmäßig auf, z. B. täglich, sollte man das unbedingt abklären lassen. Weitere Symptome können Schluckbeschwerden und morgendlicher Husten, Heiserkeit, eine belegte Stimme oder Asthmaanfälle sein. Für die Diagnostik wird der Arzt eine Magen-Speiseröhren-Spiegelung veranlassen. Dabei zeigt sich, ob die Schleimhaut entzündet ist und ob ein Zwerchfellbruch vorliegt. Auch Geschwüre kann der Arzt bei der Spiegelung erkennen. Manchmal sollte dann der Reflux der Säure und ggf. der Bewegungsablauf in Speiseröhre und Mageneingang gemessen werden. In speziellen Fällen ist eine fachübergreifende Abklärung mit Gastroenterologen, dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder dem Kardiologen sinnvoll.

 

Sie leiten in der Kreisklinik Spezial-Sprechstunden. Wie verläuft so ein Gespräch?

Dr. Schmidbauer: Der Patient sollte vorhandene Vorberichte mitbringen, zum Beispiel Befunde einer aktuellen Magenspiegelung oder von Gewebsproben. Hilfreich ist ein Protokoll, in dem der Patient Häufigkeit, Dauer und Zeitpunkt der Beschwerden, eventuell auch erkennbare Auslöser notiert hat. Wir klären eventuelle frühere Therapien ab sowie weitere für die Diagnostik wesentliche Fakten, wie Lebensgewohnheiten und Ernährung. Auf dieser Grundlage besprechen wir gemeinsam die individuell empfehlenswerten Untersuchungsverfahren und veranlassen diese, z. B. eine pH-Metrie.

 

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es dann?

Dr. Schmidbauer: Als allererstes und unabhängig davon, ob eine operative Therapie angezeigt ist, empfehlen wir eine gesunde Lebensweise. Neben einer Ernährungsumstellung auf verträgliche Lebensmittel und Getränke und dem Verzicht auf Nikotin oder Alkohol sind meist der Abbau von Übergewicht und stressreduzierende Maßnahmen ratsam. Symptomlindernd wirkt es, beim Schlafen Kopf und Oberkörper hoch zu lagern. Die Säure kann dann nicht mehr so leicht in die Speiseröhre zurückfließen.

 

Viele Menschen lindern ihr Sodbrennen mit Medikamenten, sozusagen mit der Tablette nach dem schweren Genuss – ist dies auch eine Lösung?

Dr. Schmidbauer: Medikamente sind häufig eine sinnvolle Ergänzung zur Umstellung von Ernährung und Gewohnheiten. Insbesondere die sogenannten Protonenpumpen-Inhibitoren sind sehr effektiv und werden oft langfristig eingesetzt. Damit lässt sich die Säure der Magensäfte neutralisieren oder reduzieren, wodurch Symptome wie Sodbrennen oder Kehlkopfentzündungen verringert oder verhindert werden können. Allerdings können Medikamente die Schrankenfunktion zwischen Magen und Speiseröhre nicht wiederherstellen – die Ursache wird also nicht beseitigt. In seltenen Fällen kann die Einnahme zu Nierenfunktionsstörungen führen und das Demenzrisiko durch Störung der Resorptionsleistung, z. B. für Vitamine, erhöhen.

 

Wann ist eine Operation ratsam?

Dr. Schmidbauer: Zur Operation raten wir, wenn die bereits genannten Maßnahmen nicht den erhofften Erfolg bringen, der Patient die Medikamente nicht verträgt oder nicht auf Dauer einnehmen möchte. Patienten mit dem sogenannten Volumenreflux raten wir immer zur OP. Bei dieser Form des Refluxes schießt die Säure bei einer Kopf-Tieflagerung in die Speiseröhre, also schon beim Vorbeugen, um die Schuhe zu binden. Auch große Zwerchfellbrüche, sogenannte „Hiatushernien“, insbesondere mit Verrutschen von Magenanteilen nach oben, sind ein guter Grund für eine Operation. Bei diesen Lageveränderungen des Magens verliert der Schließmuskel seine Funktion gegen Reflux. Schwere anatomische Veränderungen, wie z. B. die paraösophageale Hernie, der Thoraxmagen oder upside-down-Magen bedürfen regelhaft einer operativen Korrektur.

 

Was passiert bei diesem operativen Eingriff?

Dr. Schmidbauer: Ziel ist, die Magensäure am Vordringen in die Speiseröhre zu hindern. Dafür haben wir verschiedene Operationstechniken. Im „Manschettenverfahren“ legen wir eine Manschette um oder an den Schließmuskel. So kann die zu verdauende Nahrung zwar in den Magen, aber nur schwer zurückfließen. Bei Patienten mit Zwerchfellbruch rekonstruieren wir die Zwerchfelllücke, teilweise unter Einsatz eines Netzes. Als wirksam hat sich auch die Implantation eines Schließmuskel-Schrittmachers erwiesen, der den entsprechenden Muskel durch Impulse aktiviert und damit trainiert.

 

Wie lange braucht der Patient, um nach einer OP wieder mobil zu sein?

Dr. Schmidbauer: Die von uns überwiegend eingesetzte minimal-invasive-Technik ermöglicht eine schnelle Wundheilung mit kleinen Narben und kurzer Rehabilitationszeit. Die meisten Patienten können die Klinik 5 bis 7 Tage nach der Operation verlassen. Drei bis vier Wochen lang sollte man ausschließlich breiige Kost zu sich nehmen. Sport ist in der Regel nach 4 Wochen wieder möglich.

 

Gibt es vorbeugende Maßnahmen, um nicht an Reflux zu erkranken?

Dr. Schmidbauer: Wenn keine organische Ursache die Refluxkrankheit hervorruft, gelten für die Prävention die allgemeinen Empfehlungen für eine gesunde Lebensweise wie eine bekömmliche, maßvolle Ernährung, der Verzicht aufs Rauchen sowie Entspannungstechniken. Der positive Effekt einer Gewichtsreduktion ist belegt. Und ausreichend Bewegung, am besten bei Spaziergängen in unserem schönen Landkreis, möchten wir in jedem Fall empfehlen.

 

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Das Interview führte Michèle Kirner-Bernoulli, Freie Journalistin

 



Abteilung für Chirurgie


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